Geschichte wird gemacht

19.05.2013 18:32

 

Für mich war Geschichte früher nur ein lästiges Schulfach, das mir abverlangte, Daten und Fakten über Eroberer und Kriege auswendig zu lernen. Wirklich erlebt habe ich Geschichte erst viel später auf meinen Reisen durch Europa und Lateinamerika, wo ich Paläste und Mauern sah, die als versteinerte Zeugen alter Kulturen daran erinnerten, was  Menschen im Laufe der Jahrtausende zustande gebracht haben. Erst dadurch begriff ich, dass Geschichte viel mehr ist als eine Ansammlung von Daten und Fakten.

Auch in unserer Stadt können wir überall Geschichte entdecken. Kürzlich habe ich das Haus in der Gräfestrasse 40 bewusst wahrgenommen und mich gefragt, welche Geschichte seine monumentale Fassade wohl erzählt. Dabei bin ich auf den adeligen und sehr anerkannten Augenarzt und Direktor der Augenabteilung der Charité, Albrecht von Gräfe, gestoßen, nach dem auch die Straße benannt wurde. Möglicherweise ließ er dieses Wohngebäude für seine Frau, die aus einer dänischen Adelsfamilie stammte, errichten.

Die Werner-Düttmann-Siedlung, die genau gegenüber dieses prachtvollen Hauses der Gründerzeit (1900-1920) liegt, spiegelt den Zeitgeist einer anderen, jüngeren Geschichte wieder, die in ihrer Architektur die Sicht der Menschen der Nachkriegsmoderne zeigt. Klare Strukturen, praktisch aufgeteilte und hell anmutende Wohnungen, die 1981- 82 als Gesamtkonzept entwickelt und gebaut wurden, bilden architektonisch einen gelungener Beitrag zu menschenfreundlichem und dennoch preisgünstigem Wohnen.

Mit dem Projekt „Dufte- Unternehmungen in der Berliner Luft haben wir begonnen, uns mit den Anwohnern der Werner-Düttmann-Siedlung auf Spurensuche der Geschichte zu begeben. Große Parkanlagen wie zum Beispiel der Tiergarten und die vielen Jagdschlösser im Berliner Forst zeugen von einer Stadtgeschichte, die sich mit Pracht und Wohlstand schmücken konnte. Viele Straßenzüge und Gebäude aus der kaiserlich - kurfürstlichen Zeit Wilhelms des Großen (I) sind noch erhalten und tausende von Linden aus jener Zeit verbreiten im Frühjahr noch immer den besonderen Duft der Berliner Luft. Dass Berlin mit 30.000 Arten (Pflanzen und Tiere) auch die artenreichste Hauptstadt Europas ist, lernen wir ganz nebenbei. Unsere Unternehmungen planen und recherchieren wir gemeinsam jeden Dienstag im Nachbarschaftstreff am Düttmann-Platz, damit wir uns an den Wochenenden auf Spurensuche begeben können.

Auf dem Programm steht unter anderem auch ein Parlamentsbesuch, der uns hautnah erleben lässt, wie und wo in dieser Stadt und in Deutschland Politik gemacht wird. Bei schönem Wetter zieht es uns in die Parkanlagen und Naherholungsgebiete. Der Treptower Park mit seinen gigantischen Denkmälern aus der russischen Besatzungszeit oder der Wannsee, der nicht nur ein wundervoller Erholungsort ist, sondern auch Zeugnisse des Grauens der NS-Zeit aufweist, lassen uns die Vielfalt der Geschichte Berlins erleben.

Wir, Ullrich Wagner und Catharina Schmeer, würden uns sehr freuen, wenn Sie uns bei den Dufte-Unternehmungen in der Berliner Luft, die bis Ende des Jahres an jedem Wochenende stattfinden, begleiten könnten.

Catharina Schmeer
Kulturagentur PARTYSANE